Keine Langwasser Partys mehr

Spendenaufruf zur Langwasserparty mit Abperrbändern

LANGWASSER – Wie bereits Ende 2011 berichtet, sollten in Langwasser nun endlich regelmäßig Partys stattfinden. So schnell wie die Idee gekommen ist, so schnell scheint sie jetzt wieder in ungreifbare Ferne zu rücken.
Der Grund: Die Bauordnungsbehörde der Stadt Nürnberg macht dem Veranstaltungsort „Freiheit Langwasser“ einen Strich durch die Rechnung.
Langwasser TV hat exklusiv bei Inhaber Frank Winterstein nachgefragt, warum es solche massiven Probleme bei der Realisierung gibt.

Begonnen hat alles noch weit vor der ersten Party. Vermessungen, Fotos und Pläne reichten der Bauordnungsbehörde nicht. Um in der „Freiheit Langwasser“ eine Gaststätte zu erlauben, forderte diese zuerst eine Nutzungsänderung über einen Architekten zu beantragen. Genau für diese Nutzungsänderung hat der ausgewählte Gästekreis – LwTV war auch eingeladen - der ersten Party mit seinem Eintritt gespendet.
Lange Zeit später und einige Tausend Euro ärmer, erhielt Herr Winterstein die Antwort, dass ein Gaststättenbetrieb aufgrund des im Brandfall zu kleinen Notausstiegs nicht möglich sei. Doch dieses Problem bestand in der Vergangenheit für einen mittelständischen Betrieb nicht. Zudem sei der Raum mit umfassenden Brandschutzmaßnahmen sicher gemacht worden. Plötzlich gibt es also eine neue Regelung, die einen kompletten Umbau erfordert, damit die Langwasseraner Partys feiern können.

„Ich fühle mich total verarscht!“

Natürlich fragt man sich da schon, warum einem das nicht einfach gesagt wird, sondern immer erst der Kampf gegen Windmühlen bestritten werden muss, erzählt uns Herr Winterstein verzweifelt. „Ich fühle mich total verarscht! Die Bauordnungsbehörde treibt mich in den finanziellen und nervlichen Ruin“, so Herr Winterstein weiter. Auch der Pokerverein „LangWegas e.V.“ wird, aufgrund von mangelndem Interesse, keine Pokerturniere mehr veranstalten.

Mit dem „Nationalen Zentrum“ kamen noch mehr Probleme

Um nun in dieser Situation auch weiterhin die „Freiheit Langwasser“ finanzieren zu können, musste schnell ein Mieter gefunden werden. Da kam ihm der Tipp eines ehemaligen Gastes des Lago di Garda gerade recht. Ein scheinbar seriös wirkender, offiziell eingetragener Verein namens „Bund Frankenland e.V.“ suchte nach einem Raum für eine nichtöffentliche Nutzung. Nachdem andere Vereine abgesagt haben, war dies für Herrn Winterstein die einzige Möglichkeit das Projekt „Freiheit Langwasser“ und die damit verbundenen Partys weiter am Leben zu erhalten.
Was Herr Winterstein bis dato jedoch nicht wusste: Er hat damit den rechtsradikalen Parteien praktisch den perfekten Standort zur Verkündung ihrer ausländerfeindlichen Parolen bereitgestellt. Bei dem Gast handelte es sich nämlich um Rainer Biller, ehemaliger NPD-Kreisvorsitzender für Nürnberg – am 18. November 2011 aufgrund von grenzwertigen Äußerungen auf Facebook und einer Anzeige der SPD-Landtagsabgeordneten Helga Schmitt-Bussinger von der NPD ausgeschlossen (Quelle). Hinzu kommt, dass der „Bund Frankenland e.V.“ wiederum an den Nürnberger Stadtrat Herrn Sebastian Schmaus der „Bürgerinitiative Ausländerstopp (BIA)“ untervermietet hat.
„Mit politisch links oder rechts bzw. ganz allgemein mit Politik habe ich nichts zu tun“, versichert uns Herr Winterstein, er sei eher liberal eingestellt, gehört aber keiner Partei an. Für ihn war es sehr problematisch, dass nun eine Organisation, die das Wort „Ausländerstopp“ im Namen trägt, in seinen Räumen haust, da er selber viele gute, internationale Freunde hat.
Aus dieser Geschichte können wir alle etwas lernen. Auch wenn es manchmal anstrengend und kompliziert ist sich mit Politik zu befassen, ist es um so wichtiger sich fortlaufend zu informieren, um nicht Opfer der weit verbreiteten „Politikverdrossenheit“ zu werden. Politik begleitet uns schließlich täglich und begegnet uns überall.
Da der Rassismus besonders in Nürnberg-Langwasser auf viele Gegenstimmen trifft, hat es natürlich nicht lange gedauert, bis sich linksextreme und andere Mieter bei Herrn Winterstein beschwert haben. Auf den ersten Blick kann man das nachvollziehen. Auf den zweiten Blick lohnt es sich vielleicht vorher nachzudenken, warum überhaupt ein rechter Stadtrat von einer Großzahl von Bürgern gewählt wird. Oder warum die oben genannten Parteien nicht etwa verboten sind. Solange die betroffenen Vereine vom Gesetz her legal sind, hat Herr Winterstein keine Rechtsgrundlage diese Mieter zu kündigen. Eine Kündigung wäre nur möglich, wenn der Mieter seine Zahlungen versäumt. Andernfalls besteht der Mietvertrag vorerst für die nächsten fünf Jahre bis zum 30. Juli 2017.

500.000 Euro Strafe

Unseren aktuellen Informationen zufolge, stellt ein Anordnungsbescheid der Bauordnungsbehörde vom 19. September 2012 weitere Forderungen an den Mieter „Bund Frankenland e.V.“. Die Stadt Nürnberg untersagt es dem Mieter diesen Keller für Versammlungen zu nutzen, sonst wäre eine Strafgebühr von bis zu 500.000 Euro fällig. Der „Bund Frankenland e.V.“ hat Herrn Winterstein versichert, dass er diesen Raum (vorerst) nicht mehr für Versammlungen nutzen wird. Und auch nicht mehr die Miete dafür überweisen wird. Ob die Räumlichkeiten von nun an als Lager genutzt werden und vielleicht sogar außerhalb Infostände betrieben werden oder ob das „Nationale Zentrum“ nun auch die Heimat-Bürokratie zu spüren bekommt, wird die Zeit zeigen.
Eine gute Sache hat dieser Aufruhr jedoch. Durch die spürbar verstärkte Polizeipräsenz, fühlen sich einige Bewohner in der Nähe der U-Bahn-Haltestelle Langwasser-Nord nun um einiges sicherer.

Die Zukunft ist ungewiss

Bei diesem ganzen Durcheinander vergisst man fast wieder, dass davon unmittelbar die Langwasser Partys betroffen sind. Eine Idee wäre es, die Partys zukünftig im Lago di Garda zu veranstalten. Doch auch hier gibt es Auflagen, die eine Umsetzung schwer machen, denn ab 23 Uhr muss die Musik auf Zimmerlautstärke herunter gedreht werden!

Vorerst bleibt den Langwasseranern leider nichts anderes übrig, als in der Innenstadt zu feiern.

Foto und Bericht: © 2012, Adam Kalisz, Langwasser TV


Veröffentlicht am 06.10.2012